Mündliche Abschlussprüfung aus Sicht eines Prüfers
Am 23. Januar ist es mal wieder so weit – unsere Auszubildenden beenden ihre Lehrzeit mit der mündlichen Abschlussprüfung.
Eigentlich wird dieser letzte Schritt in der Ausbildung als „praktische Prüfung“ bezeichnet, denn genau das ist sie auch.
Während früher die angehenden Banker(innen) erneut mit allerlei Fachfragen beglückt wurden, müssen sie nun ein simuliertes Beratungsgespräch zu den Themen Kreditgeschäft, Anlageberatung oder Kontoführung / Zahlungsverkehr durchführen.
Dies ist auch sinnvoll, denn wir wollen unsere Nachwuchskräfte kundenorientiert ausbilden. Das Beratungsgespräch ist schließlich zukünftig das tägliche Brot, einem Schreiner reicht es auch nicht, theoretisch alles über Holz zu wissen, aber keinen Tisch mit gleichmäßigen Beinen bauen zu können.
So ein Prüfungstag ist für alle Beteiligten spannend. Die Azubis sind verständlicherweise aufgeregt, aber wir als Prüfer genauso. Ich arbeite seit über zehn Jahren im Prüfungsausschuss für die IHK Kassel mit, trotzdem prickelt es bei jedem Termin wieder aufs Neue.
Unsere Aufgabe ist es nämlich, neben der Beurteilung in die Rolle des Kunden zu schlüpfen. Jeweils ein Ausschussmitglied des Dreiergremiums spielt den Kunden, die beiden anderen bewerten das Gespräch anhand eines Schemas.
Die Kundenrolle ist nicht immer so einfach, denn man darf den Prüfling natürlich nicht mit der eigenen Berufsroutine „erschlagen“. Gleichzeitig sollen aber praktische Situationen, wie z.B. kritische Fragen des Kunden, vorkommen – halt wie im echten Leben. Es ist also eine Gratwanderung, bei der immer die Aspekte Qualität, Fairness, Objektivität und Chancengleichheit beachtet werden.
Diese Ziele mögen jetzt etwas theoretisch klingen, als langjähriger Prüfer erlebt man aber alle Facetten. Einige Kandidaten sind cool und gelassen, anderen zittert die Hand schon bei der Begrüßung. Dann ist es wichtig, selbst den richtigen Ton zu finden, um die jungen Kollegen zu unterstützen.
Einige Prüflinge schaffen sich sogar eine gewohnte Atmosphäre, um sich sicherer zu fühlen. So konnten wir schmunzelnd erleben, wie ein Kollege seinen nicht (!) eingeschalteten Laptop auf den Tisch stellte, „weil ja in der Filiale auch ein Computer steht“. Wenn's hilft, kein Problem.
Zur Beruhigung aller am Berufsbild Bankkaufmann / -frau interessierten kann ich aber sagen: Keep cool, der Kopf bleibt oben! Die Quote der nicht bestandenen Prüfungen tendiert gegen Null, dafür sorgen wir in der Sparkasse schon mit einer hochqualifizierten Ausbildung, die optimal auf die Prüfung und die beruflichen Herausforderungen vorbereitet.
Mit diesem Wissen geht man doch gleich lockerer in die Prüfung!
Ihr Sebastian Stutz